Statt-Abendlied 12


Erinnerung an meinen frankophilen Schwiegervater

Liebe Familie, liebe Freundinnen, liebe Freunde,
mit dem heutigen Statt-Abendlied möchte ich an meinen wunderbaren Schwiegervater Hans-Joachim Greth (11.12.1927 - 27.4.1988) erinnern.
Die Kindheit in Brandenburg währte nur kurz. Als Jugendlicher in den Krieg geschickt war er mit 17 Jahren bereits in französischer Gefangenschaft. 

 

Die Menschen, die ihn nach der schrecklichen und entbehrungsreichen Zeit gut behandelten und ihn im Bauhandwerk ausgebildet haben, prägten sein Leben entscheidend mit. Seine Liebe zu Frankreich, den Menschen, der Sprache, der Landschaft blieb lebenslang.
Hans-Joachim Greth mauerte nicht nur beim Wiederaufbau der Stiftskirche in Stuttgart mit - ich weiß leider gar nicht was alles er mit eigener Hände Arbeit wieder aufbaute. Eine Familie gründete er und sorgte als wahrer Familienmensch dafür, dass sie immer gut zusammenhielt und das tut sie bis heute.
Als Schiffsmodellbauer war er so anerkannt, dass er schließlich Geschäftsführer des Deutschen Schiffsmodellverbandes wurde. Dass es heute zwischen Wendlingen und Wernau einen See mit einem Haus für die Schiffsmodellbauer gibt ist ebenfalls auf seine Vereinsarbeit zurückzuführen.
Mein Mann, sein erster Sohn nach drei Mädchen im Haus, wurde immer einbezogen und bestens angeleitet beim Modellbau nach historischen Vorbildern.
Als der französische Meeresforscher Jacques Cousteau 1950 ein ausgedientes Minensuchboot der französischen Marine kaufte und es zu einem Forschungsschiff umbaute, faszinierte dies Hans-Joachim Greth so, dass er die Pläne für die "Calypso" aus dem französischen Marinemuseum bestellte und sie im Maßstab 1:25 nachbaute.
Immer abends und an den Wochenenden arbeitete er mit großer Genauigkeit mit Charly bis das 1,70 Meter lange Modellboot fertiggestellt war - mit allen Details und Funktionen: Das Tauchboot, der Kran und die Lichtsignale funktionierten wie beim Original.
Eine wunderbare Vater-Sohn-Beziehung und bestes "Homeschooling on tour" kurz nach den Sommerferien 1970: Vater Greth hatte erfahren, dass Jacques Cousteau mit seiner "Calypso" in Monaco vor Anker lag. Was kann ein Vater besseres tun als das gemeinsam gebaute Boot in einer großen Kiste (1,7 m lang) auf dem Dachgepäckträger des VW Käfer zu verstauen, in die Schule zu gehen und der Lehrerin sein Vorhaben zu erklären, Unterrichtsbefreiung für den 12jährigen Sohn zu bitten, um mit Modellschiff und Sohn nach Monaco zu fahren. Vater Greth hätte die Kiste ohnehin nicht alleine auf das Autodach heben können und hatte so auch einen Sonnenbrille-Licht - Assistenten dabei. In Mentone - auf italienischer Seite fand sich eine günstige Pension zum Übernachten.
Man konnte damals direkt an den Kai fahren, an dem die "Calypso" lag.

 

Gleich wurde die Kiste vom Dach genommen und aufgemacht - da kam schon die ganze Mannschaft angelaufen und bestaunte das Modellschiff.
Jacques Cousteau kam erst später. Er war sehr nett und Vater hat sich angeregt mit ihm unterhalten - der Sohn verstand kein Wort, erlebte aber erstmals den frankophilen Vater ganz in seinem Element.
Alle waren sehr begeistert von dem Nachbau. Die beiden deutschen Gäste wurden von Kapitän Cousteau umgehend auf sein Schiff eingeladen. Vater hatte sein Ziel erreicht: Vor Ort möglichst viele Fotos von allen Details des ständig weiterentwickelten Schiffs zu machen.
Die große "Calypso" hatte schon neue Fenster - große, eckige, nicht mehr die runden. Sie war und ist ein ständiges Projekt, war immer im Umbau. Das zeichnet dieses Schiff aus.

 

Vater wollte diese ständigen Weiterentwicklungen einerseits nachvollziehen, war sich aber durchaus bewusst, dass er irgendwann einen Status erhalten musste.
Die beiden Abenteurer durften überall hin auf dem berühmten Forschungsschiff. Vater fotografierte nicht die Menschen, sondern jedes Detail an dem Schiff, das er so gut kannte. Dann gab es Essen in der Kombüse. Mit der ganzen Mannschaft saßen sie um einen riesengroßen Tisch herum.
Selbstverständlich durfte dann das Calypso-Modell ins Wasser gelassen werden. Vater ließ das kleine Schiff um sein Vorbild herumfahren - ein unvergesslicher Moment!
Einem Mannschaftsmitglied, das auch mal das Modell steuern wollte, glückte leider das Manöver nicht, mit dem er das Modell unter der Ankerkette der "Calypso" durchfahren lassen wollte: Als eine Welle kam, kam es zur Havarie bei der die Brücke des mühsam erbauten Modellschiffs beschädigt wurde.
Nach einem erlebnisreichen Tag und dem Besuch im Marinemuseum am nächsten Tag  traten Vater und Sohn froh die Heimfahrt wieder an. Sein Sohn ist bis heute überzeugt, dass er in diesen Tagen mindestens so viel gelernt hat wie in der Schule.
So erinnere ich heute gerne an zwei besondere Vorbilder:

 

An meinen Schwiegervater Hans-Joachim Greth, von dem wir viel gelernt und mit dem wir viel gelacht haben.
Und an Jacques Cousteau, der im zweiten Weltkrieg Mitglied der französischen Widerstandbewegung gegen die Nazis war und der mit seiner großen Liebe zum Meer und seinen Lebewesen als früher Umweltschützer und Bewahrer unserer Erde unzählige Menschen begeisterte.
Vielleicht habt Ihr noch Lust, einen kurzen Film über Jacques Cousteau  (3 1/2 Min.) zu sehen und das ihm und seiner Mannschaft gewidmete Lied "Calypso" des amerikanischen Sängers John Denver  zu hören, der nur ein Vierteljahr nach Cousteau im Jahr 1997 starb.
Mögen Meeresrauschen und Walgesänge Euch in süße Träume geleiten in eine ruhige, erholsame Nacht. Wenn Ihr dann morgen erwacht, kommt vielleicht der langersehnte Regen, auf den die Natur so sehr wartet.

 

 

 

P.S.: Die "Calypso", das legendäre ozeanographische Schiff, mit dem Jacques Cousteau von 1951 bis 1996 für  wissenschaftlichen Erkundungen die Ozeane der Welt befuhr, auf dem er seine Filme „Die stille Welt“ (1954 - gewann die Goldene Palme beim Filmfestival in Cannes), sank im Hafen von Singapur als sie am 8. Januar 1996 von einer Barkasse gerammt wurde.
Wikipedia:
"Sie wurde gehoben, provisorisch instand gesetzt und im gleichen Jahr nach Marseille geschleppt. Cousteau wollte dort die Calypso der Universität Marseille schenken, was aber nicht zustande kam. 1998 wurde das Schiff nach La Rochelle geschleppt. Dort lag sie im Meeresmuseum, wurde aber nicht weiter gewartet oder repariert.

Ende 2004 wurde bekannt, dass Loël Guinness, der Enkel des seinerzeitigen Käufers, das Schiff für einen symbolischen Preis von einem Euro an den US-Kreuzfahrtkonzern Carnival verkauft hat. Für 1,3 Millionen Dollar sollte die Calypso generalüberholt und auf den Bahamas als Teil eines „Zentrums für Wissenschaft und Erziehung“ in ein schwimmendes Museum verwandelt werden.

Es folgte ein Rechtsstreit um den Besitzanspruch an der Calypso zwischen der „Cousteau Society“ unter dem Vorsitz der Witwe Cousteaus und der „Campagnes Océaniques Françaises“ (COF), der auch der Sohn des Forschers angehörte. Am 17. November 2005 entschied das Obergericht in Paris, dass die Calypso in der Tat der „Equipe Cousteau“ gehöre und der Verkauf damit rechtmäßig abgeschlossen werden konnte.

Im Oktober 2007 wurde die Calypso nach Concarneau in der Bretagne (Departement Finistère; 29) geschleppt, um dort auf der Werft Piriou vollständig instand gesetzt zu werden.

Stand September 2008: In der Werft des Fischereihafens am Ufer des Moros wurden alle Aufbauten sowie der Bug des Schiffes demontiert, um getrennt von den Spanten und der Außenhaut des Schiffes restauriert zu werden. Das „Gerippe“ lag zu diesem Zeitpunkt „nackt“ im Werfthangar und wurde entrostet. Der Bugteil wurde abgenommen, um diese Arbeiten zu erleichtern, und stand auf einem fahrbaren Schlitten vor dem Hangartor (in Höhe des Trockendocks). Die Arbeiten konnten, außer bei schlechtem Wetter, wenn das Tor geschlossen war, von außen verfolgt werden.

Im Februar 2009 wurden die Arbeiten infolge eines Rechtsstreits mit der Werft Piriou eingestellt[.

Jacques Cousteaus Sohn, Pierre-Yves plante anlässlich des 100. Geburtstags seines Vaters eine Expedition mit der Calypso. Er wollte dokumentieren, wie sich das Mittelmeer seit den letzten Fahrten von Jacques Cousteau verändert hatte. Da die Restaurierung der Calypso aber um unabsehbare Zeit verspätete, wurde das andere verbleibende Schiff, die Alcyone, für diese von der National Geographic Society geförderte Expedition reaktiviert. Der daraus entstandene Dokumentarfilm bekam den Titel: Secrets of the Mediterranean: Cousteau's Lost World.

Am 11. Oktober 2013 entschied das Handelsgericht von Quimper, dass die Cousteau Society aufgrund von nicht vertragsgemäß ausgeführten Restaurierungsarbeiten die von Piriou geforderten Zahlungen nicht leisten muss. Gleichzeitig befreite das Gericht Piriou von der Vertragsbindung. Dem Urteil zufolge musste die Cousteau Society bis zum Jahresende 2013 den Hangar der Werft räumen. Gegen das Urteil wurde seitens der Cousteau Society jedoch Einspruch eingelegt. Das weitere Schicksal der Calypso war damit zunächst unklar.

Im Dezember 2014 entschied ein Gericht, dass der Werft 273.000 € für die am Schiff ausgeführten Arbeiten zuständen. Sollte die Rechnung nicht bezahlt werden, so wurde der Werft das Recht zum Verkauf des Schiffes eingeräumt. Die Cousteau Society bezahlte mit der Hilfe von Spenden der Öffentlichkeit die geforderte Summe. Im Januar 2016 wurde angekündigt, dass Mäzenen gefunden werden konnten und die Restaurierung des Schiffes wieder aufgenommen werden kan

Restaurierung in İzmit bei Istanbul

Am 4. März 2016 wurde die Calypso samt neuer Motoren und historischer Aufbauten auf den niederländischen Spezialfrachter Abis Dusavik geladen. Dieser nahm Kurs auf die Türkei, wo er am 25. März 2016 eintraf und die Calypso in einer Werft in Izmit ablud. Die Cousteau Society engagierte für die Restaurierungsarbeiten türkische Schiffsbauer, weil diese noch über das notwendige Know-how und die Maschinen für Holzarbeiten in diesen Dimensionen verfügen. Die Calypso wird für die Arbeiten in einem eigens dafür hergestellten Hangar untergebracht.

Am Dienstag, den 12. September 2017 um 2:30 Uhr beschädigte ein Feuer die legendäre Calypso. Es scheint jedoch, dass die historischen Elemente des Schiffes intakt sind, es sind einige der neuen Holzteile des Schiffes, die betroffen sind. Die Arbeiten sollen bis voraussichtlich Ende 2018 abgeschlossen sein. Erklärtes Ziel ist es, die Calypso wieder hochseetauglich zu machen, obwohl davon ausgegangen wird, dass das Schiff später eher als Naturschutz-Botschafter unterwegs sein soll und nicht mehr auf große Expeditionsfahrt gehen wird."