Adventsabendlied 17: "Still, Still, still"


Eindrücklich ist die dreimalige Aufforderung „Still, still, still“ – da merkt man, dass es wichtig ist.

Das diese dreifache Bitte wird immer leiser ausgesprochen oder gesungen wirksam.

Da sagt jemand nicht laut: „Ruhe!“ wie das in alten Paukerfilmen Lehrer brüllen, wenn sie in eine Klasse kommen und mit der lärmenden Doppelbotschaft genau das Gegenteil erreichen.

Da sagt auch keiner das im Österreichischen Idiom rasch daherkommende „Hoi di bappn“, wobei auch die schwäbische und die deutsche Umgangssprache die ähnlich lautende Aufforderung mit den Substantiven Gosch, Maul, Fresse, Klappe, Rand Sabbel, Schnabel … kennt.

Da bittet jemand – vielleicht Josef oder ein anderer im Stall zu Bethlehem Anwesender – darum, einfach mal still zu sein.

Wenn das so einfach wäre.

Stille ist nicht einfach da – schon gar nicht in unserer Welt. Stille kennen wir kaum noch – immer rappelt, quasselt, tönt und lärmt etwas, das auf sich aufmerksam machen will. So laut, dass wir vieles gut überhören können: Unsere innere Stimme, leises Weinen Trauriger, leises Rufe Hilfsbedürftiger, lautloses Sterben der Natur ….

Vielen Menschen fällt es schwer, still zu sein, sie können Stille kaum genießen, auch wenn sie sich danach sehnen. Da ist so viel los, da muss man rennen, machen, schaffen, reden…. solange bis sie merken, dass ihnen etwas fehlt, wo sie doch von allem zu viel haben.

Außer von der Zeit, davon ist scheinbar immer zu wenig vorhanden. Die Zeit steht nicht still. Wenn ein Mensch stirbt, dann scheint die Zeit still zu stehen, dann verstummen die Menschen und gehen in sich. In der Stille sind sie mit sich selbst, mit einem lieben Menschen, der nicht mehr bei ihnen ist und mit Gott.

Für Erkenntnis braucht es Stille, nicht den Lärm des Alltags.

Stille kann man üben. Sorgsame Eltern üben mit ihrem Kind Stille, so dass es die Stille als Freund kennenlernt, zur Ruhe kommen und Stille genießen kann.

Die Erkenntnis des Kindes erleben wir in seinem Staunen, wenn kein Erwachsener es stört, wenn es still dasaß und sich mit etwas beschäftigt und die dann entdeckt ….

Wieder staunen können wie ein Kind ist ein so tiefes Gefühl für Erwachsene, das sich wunderbar anfühlt.

Unser Sohn hat – vielleicht achtjährig – einmal ein Bild gemalt, wo ein Huhn auf einem Misthaufen sitzt und darübergeschrieben: „Manchmal sitze ich einfach nur so da.“ Ich vermute, dass seine Erfindungen, seine Kreativität in Momenten der Stille, des in Stille mit sich selbst und dem Universum sein entstehen.

Nicht zufällig meinen manche vermutlich, ihre besten Einfälle kämen ihnen auf dem „Stillen Örtchen“ – dahingestellt ob es dort sein muss. In Stille sitzen geht auch auf einer Wiese, auf einem Stuhl, im Sessel ... -  ganz wie Loriots "Hermann" (s.u.)

Meine Schweizer Tandempartnerin aus dem Masterstudium, die seit einigen Jahren nicht mehr ihren Taufnamen, sondern eine  Buddhistischen trägt und ein buddhistisches Frauenklostergegründet hat, befindet sich seit etwas mehr als einem Jahr in einem dreijährigen Schweigerückzug. Oft denke ich an sie und frage mich, wie und ob sie die Welt verstehen wird, wenn sie daraus zurückkehrt.

Als mein Bruder nach dem Abitur für ein Jahr in Indien war, um zu Arbeiten und danach in einem Ashram nach Erkenntnis zu suchen und er lange Zeit alleine in einer Höhle schweigen musste, machten wir uns Sorgen.

Unsere Gasttochter schweigt derzeit im Rahmen ihrer Yoga-Lehrer-Weiterbildung. Wir können gut verstehen, dass sie ihrer Seele zuhören in einer Zeit, in der sie so viele Veränderungen hat - Ehe, erste eigene Wohnung, Berufswechsel – und für die Neuorientierung innehalten, der aufgewühlten Seele Ruhe gönnen und neu zu sich und zu dem finden will, was ihr wesentlich ist im Leben. Dazu hält sie inne, setzt sich und ist still – manchmal ein paar Stunden am Tag.

Vielleicht kann uns das Lied „Still, still, still“ auch dabei helfen, innezuhalten, öfter mal Stille zuzulassen und wieder zu lernen, die entspannende Stille und die Verbindung mit dem Inneren, statt mit dem Äußeren zu genießen, damit wir wieder Kraft sammeln für das „Außen“ und wieder besser da sein können für die, die uns brauchen, damit die Stille zu uns sprechen kann – sie hat uns Wesentliches zu sagen.

Ich wünsche Euch eine gute Stille-Erfahrung ...